Mittwoch, 21. Oktober 2009

Y&T, Fabrik, Bruchsal



Ein Zwillingsgeschütz stößt Dauerfeuer aus zwei gleichzeitig schießenden Rohren und dient meist zur Flugabwehr, in der Ausführung mit zwei miteinander gekoppelten Gitarren kann es allerdings auch äußerst effektiv gegen Weichziele eingesetzt werden. Das wissen auch Y&T. Auf zwei kurze Twin-Guitar-Salven folgen sogleich schwere Einschläge. „Open Fire“, „Don´t Wanna Lose” und “Hang Em High” bilden die erste Angriffswelle und spätestens jetzt ist die Gefechtslage klar: Hier werden keine Gefangenen gemacht. Denn dem lappalienfreien Heavy-Bluesrock von Seargant Major Dave Meniketti und seiner Infanterie hat der Gegner rein gar nichts entgegenzusetzen.
Der allgemeinen Hochstimmung in der Fabrik in Bruchsal tut das an diesem Dienstag freilich keinen Abbruch, im Gegenteil: Spätestens bei der alten Schlachthymne „Meanstreak“ liegen sich - seit sehr langer Zeit – erwachsene Männer in den Armen, recken die geballten Fäuste zum Himmel als habe es Grunge nie stattgefunden und scheinen zum Äußersten bereit. Doch zum Glück scheinen Y&T recht friedliebende Charaktere zu sein. Das bösartigste, was die vier gesetzteren Herren an den Tag legen, ist eine Vorliebe für Jägermeister. Basser Phil Kennemore feiert heute nämlich seinen „zweiundvierzigsten“ Geburtstag, da wird angestoßen. Doch selbst hier heißt es Maß halten, zumindest für Meniketti, denn der muss ja noch singen und bekommt von dem „schrecklichen Zeug immer Sodbrennen.“ Kennemore dagegen möchte die Kerze heute am liebsten von beiden Seiten anzünden und genehmigt sich, ganz böse, sogar das eine oder andere Kippchen auf der Bühne. In Feierlaune werden auch spontane Songwünsche von Fans angenommen. Meniketti tut seinem alten Kumpel, mit dem er seit nunmehr 35 Jahren Rücken an Rücken steht, den gefallen (Was willst Du denn gerne spielen, Phil?) und gibt sich alle Mühe, sich der Texte und Akkordfolgen längst vergessener Schätze wie „Lipstick and Leather“, „Masters and Slaves“ und „Surrender“ zu entsinnen. Demgegenüber vertreibt sich Phil die Zeit mit einem Tänzchen und überlässt dem Gitarrenroadie das Bassspiel. Oder er reist die Saiten gleich ganz von seinem Instrument und lässt sie simultan zum Spiel wieder aufziehen, da er das mitführen von Ersatzinstrumenten offenbar für ein Zeichen von Schwäche hält. Bei der herzzerreißenden Powerballade „I Believe In You“ sind dann aber alle wieder mit vollem ernst dabei.
Nun lässt sich der Satz, „diese Band hat nie die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient hat“, auch nicht mehr länger umschiffen (Kling klong, zwei Euro ins Journalisten-Phrasenschwein). Kein Wunder: Y&T waren schon immer so was wie eine Kreuzung aus Mötley Crüe ohne Drogen und Whitesnake ohne Homoerotik. Hair-Metal ohne Haare eben, oder auch Bangen mit Köpfchen. Songs wie die Rauschmeisser, das von Phil geschriene „Squeeze“ und das mächtige „Forever“ legen noch einmal Zeugnis davon ab, dass die Band ihren Namen zu recht trägt: Y&T steht für Yesterday and Today; für diese zeitlose Musik wird es immer ein Morgen geben.

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