Montag, 4. Juli 2011

Garcia bleibt diesmal lieber hinten

Schwaden süßlich würzigen Rauches wehen über die Leine. Auf der Brücke, die über den Fluss direkt bis vor den Eingang des Capitol in Hannover führt, stehen hunderte von Menschen. Bierflaschen werden zum Mund geführt, Joints kreisen. Eine gründliche Vorbereitung ist schließlich alles: „Kyuss Lives!“ sind an diesem Dienstag, 28.6., in der Stadt.

Unter Eingeweihten gelten Kyuss aus dem kalifornischen Palm Desert als Nukleus der Stoner-Rock-Szene. In den frühen 90ern veröffentlichten vier Freunde des Dreiblatts, Josh Homme (Gitarre), John Garcia (Gesang), Nick Oliveri (Bass) und Brant Bjork (Schlagzeug), ein Paar richtungsweisende Alben, die sich aber zu schlecht verkauften, um mit Geld die immer größer werdenden Risse im Bandgefüge kitten zu können. 95 war Schluss.

Nennenswerte Erfolge konnte seither einzig Josh Homme mit den „Queens of the Stone Age“ verbuchen. Ob die Anderen nun die leere Haushaltskasse oder die Langeweile wieder zusammentrieb, weiß – wie so oft bei Reunionen – niemand. Egal, seit März sind Garcia, Oliveri und Bjork als „Kyuss Lives!“ wieder gemeinsam auf Deutschlandtour und weil ihnen die Fans die Bude einrennen, haben sie sogar noch ein paar Dates drangehängt.

Genau wie beim Tourstart im Hamburger Club Docks gehen die Anhänger von Beginn an steil. Mit ihrem stoischen, aber immer wieder raffiniert zwischen den Polen bekifft-beschwingt und tonnenschwer-brachial wechselnden Spacerock versetzen die Amis dabei nicht nur ein Häuflein ewig gestriger Hanfhippies in Verzückung. Im vollbesetzten Club walzen auffällig viele junge Wüstenrock-Nerds zum groovigen Waber-Bass-Sound.

Die Band selbst lässt es an diesem Abend eher ruhig angehen: John Garcia hält sich fast durchgängig im hinteren Bereich der Bühne auf. Das auf Oliveris Bassverstärker abgestellte Glas Rotwein stets griffbereit. Der belgische Gitarrist Bruno Fevery rifft zwar beanstandungslos, verfügt ansonsten aber über wenig Strahlkraft, so dass die Funktion des Blickfangs heute Oliveri zufällt. Der Mann mit Glatze und Spitzbart scheint sich in dieser Rolle außerordentlich wohl zu fühlen. Er grinst als seien seine Mundwinkel an den Ohrläppchen festgenäht.

Im Grunde ist das visuelle Erlebnis bei Kyuss Lives! ohnehin zweitrangig, verfügt die Band doch über ein ganzes Arsenal atmosphärischer Songs, vollgestopft mit stilprägenden Riffs und innovativen Breaks. Und auch mit über 40 ist Garcia, mit seiner durchdringend gepressten und doch weichen Stimme noch immer einer der originellsten und eigenständigsten Vertreter seiner Zunft.

Kurz: Auch an einem sehr durchschnittlichen Abend kann diese Band noch Freude machen.

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