Montag, 6. August 2012

Die lautesten Spiele der Welt

Der Läufer hastet vobei. Das wehende blonde Haar ist schweißnass, zu fransigen Strähnen verklebt. Er reist die Arme empor, Siegerpose. Die Hände zu Fäusten geballt, Zeige- und Kleiner Finger sind abgespreizt. Ein heiserer Schrei dringt aus der trockenen Kehle: Yeaahhhh, Wacken. Die Umstehenden applaudieren, jubeln. Die Welt-Metal-Spiele sind in vollem Gange. Während sich in London die besten Athleten der Welt in Leichtathletik, Fechten und Dressurreiten messen, messen sich im schleswig-holsteinischen Flachland die herrlichsten Spinner der Welt. Das Starterfeld ist International, die Veranstalter sprechen von 80 000 qualifizierten Teilnehmern. Ihr Festival sei damit das größte Ereignis der metallischen Freiluft-Saison. Wichtigste Wettkampfdisziplin ist dabei der Metal-Dreikampf: Hochgeschwindigkeits-Haarschütteln, Rempel-Lauf, wobei die Partizipanten eine Songlänge wild im Kreis stürmen, und Mengen-Reiten. Hierbei müssen die Starter eine möglichst weite Strecke über einen Menschenauflauf hinweg zurücklegen, indem sie von der Menge getragen werden. Als zusätzliche Erschwernis gilt es dabei die gleichzeitig auf dem selben Feld stattfindenden Haarschüttel- und Rempel-Wettbewerbe zu umschiffen. Darüber hinaus sind bei den Wacken-Fans nicht nur Breitensportarten wie Einarmiges Reißen oder Bierbecherweitwurf, die auch bei anderen Großveranstaltungen angesagt sind, populär, sondern auch obskure Randdisziplinen wie Kasten-Kacken (im Stand) oder Urinal-Waten. Mindestens genauso wichtig wie die Sportwettbewerbe ist in Wacken das musikalische Rahmenprogramm. Drei Tage lang spielen auf sieben Bühnen internationale Schwergewichte der harten Musik, genauso wie lokale Newcomer. Gleich zum Festivalauftakt am Donnerstag ließen die Thrash-Veteranen Sepultura Herzen aus Stahl höher Schlagen. Mit den Les Tambours Du Bronx brachten die Brasilianer gleich eine ganze Trommelgruppe an den Start, die sich mit dem 17-Jährigen Wundertrommler der Truppe aus Rio einen atemberaubenden tribalistischen Schlagabtausch lieferte und die Mengenreiter zu ersten Höchstleistungen anspornte. Einen Achtungserfolg erzielte unterdessen die Braunschweiger Formation Santiano, die mit Shanties und Seemansliedern schon zu früher Stunde die Kraftsportler im Biergarten am eingang des Festival-Geländes puschte. Erfreulich auch der Auftritt einer überaus erfahrenen Mannschaft aus England: Saxon. Kapitän Bif Bifford führte seine Mannschaft mit der vollen Kraft seiner pumpenden Lungenflügel durch ein Best-Off-Programm, dass neben unverwüstlichen Klassikern wie "Crusader" oder "Princess Of The Night" aber auch Raum für neueres Material ließ, was auch von den Wettkämpfern, insbesondere der Haarschüttel-Fraktion, positiv aufgenommen wurde. Ein dickes Ausrufezeichen setzten zum Abschluss der ersten Wettkampftages die Vielseitigkeits-Talente Volbeat. Mit ihrer Mischung aus epischem Metal, melodischem Hardcore und Rockabilly mit an Glenn Danzig erinnernden "Elvis-Gesang" legten die Dänen nach zähem Beginn noch eine umjubelte Kür hin. Und es bleibt Spannend: Unter anderem steht noch der Auftritt der Hannoveraner Hardrock-Routiniers Scorpions aus, genauso wie jener der Industrial Pioniere Ministry. Allerdings ist der vor einigen Tagen in Paris zusammengebrochen, manche vermuten Spätfolgen jahrelangen Dopings als Ursache. Zu "sauberen" Metal-Spielen mag es noch ein schlammiger Weg sein, der guten Stimmung hier in Wacken tut das bislang keinen Abbruch.

1 Kommentar:

  1. Die Welt-Metal-Spiele :D Sehr guter Bericht.
    Hätte auch zu gerne Volbeat live gesehen :o

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