Montag, 10. September 2012

Die Drei von der Krank-Stelle - Nomeansno blasen am So, 9.9., im Substage zum Angriff auf deutsche Fußgängerzonen

Waren Nomeansno eigentlich jemals jung oder sind die Bandmitglieder schon als schrullige Nerds auf die Welt gekommen? Die Vermutung liegt nahe. Denn schließlich sahen die drei Kanadier schon in den frühen 90ern aus wie der Bad Salzufler Kegelclub auf Vereinsfahrt. Doch wie heißt es so schön: „Auch eine schwarze Kuh gibt weiße Milch.“ Will sagen, der Zuschauer sollte sich vom aller Rock´n´Roll-Klischees baren und etwas hinterwäldlerhaften Auftreten der Gebrüder Wright und ihres hornbebrillten Sozius Tom Holliston nicht täuschen lassen. Denn das, wie vergangenen Sonntag im Substage einmal mehr zu erfahren war, wäre ein großer Fehler! Wo die Mehrheit der heutigen so genannten Postcore-Bands Verzweiflungsschreie ausstoßend ziellos in entgenzten Soundlandschaften umherirrt, heißt es bei Nomeansno beherzt: Ab-die-Post-Core. Seit 1979 mischen Frickelfrickel-Schrägschräg-Punk-Opis aus Vancouver ungeniert Sixties-Garagen-Rock, Dub-Elemente, zappaesken Rootspunk, anabolen Funk und Kinderlied-Refrains. Getragen werden die verwinkelten, perkussiven, kaleidoskopischen Songkonstruktionen von Robs dominantem Bassspiel, dem Bruder John seine vertrackten Breakbeats entgegensetzt, orchestriert von Hollistons dissonanten Riffs. So hat man beim Auflegen einer Nomeansno-Scheibe regelmäßig das Gefühl, man habe soeben das Fenster zu einem Irrenhaus des frühen 19ten Jahrhunderts aufgestoßen. Dazu gibt es Texte von abgründigem, ja krankem Humor, die insbesondere von John mit entgleister Gesichtskomik dargeboten werden. Ein perfekter Soundtrack also, um mitten in der Fußgängerzone mal wieder richtig auszuflippen, wie ihn allenfalls noch Primus oder Mr. Bungle bieten. Auch heute lassen die Drei von der Krank-Stelle keine debilen Wünsche offen, auch wenn sie sich wie bei „Ghosts“ manchmal wie von allen guten Geistern verlassen in ihren eigenen kafkaesken Liedlabyrinthen verlaufen und von vorn beginnen müssen. Die Musiker nehmen es mit Humor, die vielleicht 150 zahlenden ebenso. Ja braucht die Welt denn zu all ihrem Unglück so eine Band? Unbedingt! Denn dass es in deutschen Fußgängerzonen viel zu langweilig und gesittet zugeht – auch wenn die U-Strab-Baustellen geplagten Einzelhändler in der Karlsruher Kaiserstraße wahrscheinlich anderer Meinung sind –, ist ein allgemein beklagter Zustand, dem dringlichst abgeholfen werden muss.

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