Mittwoch, 7. November 2012

Bewegungs Blues - Big Daddy Wilson lässt am Do., 1.11., im Jubez Karlsruhe die Dicken tanzen



Bei Big Daddy Wilson herrscht immer Bewegung. Nicht auf der Bühne. Dort sitzt der Bluesmann, wie am vergangenen Donnerstag im Jubez, mit dunkler Brille und schwarzem Hut wie angewurzelt hinter einem Mini-Rhythmus-Set, mit dem er seinen zwei Mitmusikern den Takt schlägt. Literarisch aber läuft er sich unentwegt die Hacken ab. In seinen Songs, die Wilson mit durchdringender und doch sanfter Stimme vorträgt, ist ständig jemand unterwegs: zu Fuß, mit dem Auto oder auch nur auf der Tanzfläche.
“Walk A Mile In My Shoes” handelt von Daddys Kindertagen in der Kleinstadt Edenton, North Carolina. Wo ihn seine Oma mehrmals wöchentlich in die Kirche schickte, damit der Junge wegbliebe von der Straße und der schiefen Bahn. Ein Vorhaben, das offensichtlich nur teilweise von Erfolg gekrönt war. „Stranger In My Own Hometown“ beschreibt das Gefühl der Entfremdung von der Heimat nach langer Abwesenheit. Wenn an einst wohlbekannten Orten plötzlich jede Orientierung fehlt, weil Vertrautes niedergerissen wurde. Ein Gefühl, das den Karlsruhern gegenwärtig nur allzu geläufig ist. In „Thumb A Ride“, einem besonders gelungenen zumpelig zuckelnden Folk-Blues, macht sich der Protagonist per Anhalter auf nach Memphis. Neu anfangen, wie es der Ex-US-Soldat Wilson in seiner norddeutschen Wahlheimat getan hat.
Auch in Big Daddys profaneren Liedern ist stillsitzen nicht erlaubt: Im „Texas Boogie“ offenbart er seine Vorliebe für adipöse Frauen, die über die leergefegten Tanzflächen südstaatlicher Spelunken wallen. Gleichfalls in Wallung gerät dabei Gitarrist Big Mike – ebenfalls kein Leichtgewicht – der die Gunst der Stunde für ein Plektren zermahlendes Säge-Solo nutzt.
Vielleicht hat diese literarische Rastlosigkeit mit Wilsons eigener langer Suche nach seinem Platz im Leben zu tun. Zum Blues kam er erst spät im Leben, fern der Heimat. Sein erstes Blues-Konzert  erlebte er erst mit 30 sein erstes Blues Konzert.
Doch auch im unsteten Leben eines Blues-Mannes gibt es konstanten. „Anna Mae“, eine Art gesungenen Heiratsantrag, widmet Wilson seiner Frau, „mit der ich seit zwanzig Jahren verheiratet bin“. „28“, muss Big Mike verbessern. Doch welche Rolle spielen schon Details. Wäre Wilson zwanzig Jahre jünger und hätte ein paar Pfund weniger auf den Hüften, am Ende des Songs ist man glatt versucht mit ihm zu gehen, so herzig ist das vorgetragen.

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