Donnerstag, 17. Januar 2013

Elefantenärsche aus der Hölle - Die Speed-Metal-Veteranen Helloween veröffentlichen morgen ihr neues Album



Mit der Veröffentlichung ihres neuen Albums am morgigen Freitag weichen die Speed-Metaller Helloween vom traditionellen Erscheinungsdatum, ihrem Namenstag am 31. Oktober, ab. „Wäre die Welt mit Ablauf des Mayakalenders am 21. Dezember untergegangen, hätten wir uns so wenigstens die Proben für die kommende Tour erspart“, sagt Sänger Andi Deris bei der Vortsellung von „Straight Out Of Hell“ in einem Karlsdorfer Studio.
Gemeinsam drängen sich Band und das gute Dutzend Journalisten im beengten Kontrollraum – sonst der Arbeitsplatz von ein zwei Toningeneuren –, der angefüllt ist mit einem gewaltigen Mischpult und hoch aufstrebenden Boxentürmen. Aus letzteren wälzt sich, nach einem oriantalisch anmutenden, stark an Rainbows „Gates Of  Babylon“ erinnernden, Keyboardintro, der erste Track "Nabataea". Ein 7-minütiger Parforceritt durch diverse Takt- und Tempiwechsel, ausgestattet mit einem überaus ruppigem Gitarrenriff und einem Refrain in Fimose verursachender Falset-Höhe. „Die Parallelen zu Rainbow waren mir garnicht bewußt“, gibt Komponist Deris zu, „aber als Dio-Fan freut mich das natürlich.“ Textlich dreht sich das Epos um jene untergegangene Kultur von Wüstennomaden, welche in Jordanien die berühmten Felsengräber von Petra hinterließ.
„World Of War“ ist eine typische Helloween-Hochgeschwindigkeits-Nummer mit ebenso charakteristischem Kinderlied-Chorus. Gerade als dem Hörer die Zeit schon etwas lang wird, bringen ein tribaleskes Bass-Schlagzeug-Zwischenspiel und ein ADHS-getriebenes Gitarrensolo die Aufmerksamkeit zurück.
Prächtig marschieren lässt es sich hingegen zum in mittlerer Geschwindigkeit gehaltenen "Live Now!", das mit einem parolenhaftem Kehrvers, Ohoh-Chören und psychedelischen Interludium gefällt.
Mit einem strammen Backbeat ist "Far From the Stars" unterlegt, bleibt sonst aber eher unauffällig – trotz eines der vielen gelungenen Gitarrensoli. Könnte sich dank des eingängigen Refrains aber zu einer mitreissenden Livenummer entwickeln.
Eine seiner aggressivsten Gesangsperformances liefert Deres auf "Burning Sun" ab. Ausgefallen sind auch der piratenfreundliche Shanty-Chorus und das vertrackte Drumming während des Verses.
Wie der Name schon sagt, beginnt "Waiting for the Thunder" eher verhalten. Doch muss man auf den Donner nicht lange warten: Der Refrain knallt nach der Ruhe vor dem Sturm umso mehr.
Gedämpft, nur mit Piano und Akkustikgitarre, beginnt auch "Hold Me in Your Arms". Eine klassische Power-Ballade, deren sehr gelungene Bridge gehörig Spannung aufbaut, die der langatmige Refrain aber leider nicht halten kann.
Drohend rollende Kriegstrommeln ertönen, darüber erklingt rezitativer Gesang, dazu jubelnde Massen und eine „Priest“-Gitarre. "Wanna Be God" verbreitet eine athmosphärische Mischung aus Indianerlager und Circus Maximus. Gelungener Aufwecker.
"Straight Out of Hell" wartet auf mit einem Kreissägen-Gitarrenriff, einer erhebenden Bridge, die in einen prächtigen Mitgrölrefrain mündet und einem weiteren hemmungslosen Gitarrensolo. Das ist Speed-Metal, wie er sein soll – ein würdiger Titeltrack.
Ein gewaltiges Riff, ein brutaler Chorus: "Asshole" ist so heavy, es kann sich hier nur um einen Elefanten-Anus handeln.
Mit "Years" zeigt Andi Deris, dass er sogar mit sich selbst im Kanon singen kann. Der Refrain hat schon fast etwas schlagergaftes, gleitet dank kompositorischer Ecken und Kanten aber nicht ins Kitschige ab.

Bei "Make Fire Catch the Fly" treten Helloween wieder das Gaspedal durch, der bedrohliche Refrain tut ein Übriges.

Glockengeläut, Kirchengesang nebst Orgel, "Church Breaks Down" läutet das letzte Stündlein ein. Zum Abschluss gibt es nocheinmal das volle Brett, aufgelockert durch eine instrumentell fein verwobene Bridge und ein überrschendes Break.

Fazit: Auf dem „7 Sinners“-Nachfolger blicken die Kürbisköpfe trotz der erwähnten Weltuntergangsängste weit verschmitzter aus den kerzenerhellten Schlitzaugen als zuletzt. Nach einer vollen Stunde nahezu ununterbrochenen Speed-Metal-Bombardements fühlt sich der Hörer dennoch fast erschlagen. Helloween halten das Tempo dauerhaft hoch, sorgen aber mit vielen liebevoll ausgearbeiteten Details für Spannung. Besonders auffällig: die durchweg virtuose Gitarren- und Schlagzeugarbeit. Insgesamt vielleicht kein Über-Album, aber für eine so routinierte Band überraschend frisch und Abwechslungsreich.

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