Mittwoch, 2. Januar 2013

Wahnsinn mit Methode - Converge, Touché Amoré und A Storm Of Light, Samstag 22.12. im Substage



B 52 Bomber werfen ihre tödliche Ladung ab, aus einem Vororte verschlingenden Flammenmeer ragt das Werbeschild eines bekannten Discounters – konsumorientiert geht die Welt zugrunde. Die apokalyptischen Visionen, die über die Rückwand des Substage flimmern, sind dem Kopf von Josh Graham entsprungen. Im „normalen“ Leben ist der große Mann mit dem rasierten Schädel für die Bühnenprojektionen der Postcore-Band Neurosis verantwortlich, oder er dreht Videoclips für Mega Acts wie Soundgarden. An diesem Samstag steht er mit seiner eigenen Band A Storm Of Light auf der Bühne.
Akustisch passend untermalen die New Yorker ihre Weltuntergangs-Visuals mit trübsinnig schleppendem Doomcore. Graham und seine vier Mitstreiter machen ihre Sache zwar mehr als ordentlich. Doch haben die Hardcore-Kids in der Halle heute, zwei Tage vor Weihnachten, anderes im Sinn als metallische Schwermut und zeigen der Band die kalte Schulter.
Bei Touché Amoré hingegen ist ziemlich schnell Leben im Karton. Wobei der mit Breaks durchsiebte und Offbeats durchsetzte Screamo der Kalifornier in seiner Fahrigkeit ziemlich schnell nervt.
Apropos nerven: Es gibt Kollegen, welche die Musik, oder was immer Converge da machen, in Ermangelung passenderer Begrifflichkeiten als Nervenkrankheitscore bezeichnen. Ich finde Kokscore besser: Frontmann Jacob Bannon gebärdet sich wie ein exaltierter Tony Montana. Unermüdlich rennt der hohlwangige Schlacks im Kreis, fuchtelt mit den Armen, als pflücke er imaginäre Äpfel vom Baum oder wehre eingebildete Moskito-Schwärme ab. Bassist Nate Newton hüpft indes auf und nieder wie ein Flummi mit Turbolader. Und über den fantasischen Drummer Ben Koller muss man nicht mehr sagen, als dass er seinen Namen absolut zu recht trägt.
Doch wird hier nicht blindwütig dreingeschlagen. Die Konfusion hat bei Converge Methode. Das Quartett fügt seine rasend erruptiv-extatischen Geräusch-Collagen mit spielerischer Bravour zusammen. Wahnwitz ja, Idiotie nein. Das alles ist folglich durchaus beeindruckend bis faszinierend, auf Dauer aber ähnlich besinnlich wie eine Zahnoperation oder ein nie endender Tobsuchtsanfall.
Psychologen würden wohl von einer Katharsis sprechen, hervorgerufen durch affektive Erschütterung. Nach Aristoteles geschieht diese seelische Reinigung beim Durchleben von Jammer, Rührung, Schrecken und Schauder in der griechischen Tragödie. Der Schrecken ließe sich nur noch durch epileptische Attacken auslösende Stroboskopblitze steigern.



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