Freitag, 8. Februar 2013

Schluffig ist nicht lässig - Torpus and The Art Directors im Jubez



In jüngerer Vergangenheit hatten sich Metal Bands in großer Zahl des Folk-Erbes bemächtigt und  mit stählerner Faust Blechflöten, Akkordeons und Fiedeln bearbeitetet. Jetzt erleben die traditionelleren Töne der 60er Jahre eine Renaissance. Vorreiter des Folk Revivel-Revivels sind britische Acts wie Frank Turner oder Mumford and Sons. Zumindest in Kanalnähe, wenn auch auf deutscher Seite in Ostfriesland, ist Sönke Torpus aufgewachsen. Gemeinsam  mit seiner Band, The Art Directors, spielte der Sänger am Mittwoch, 6.2., im Karlsruher Jubez und präsentierte sein Album „From lost Home to Hope“.
Ein Engländer war allerdings doch mit von der Partie: Rob Lynch. Akustischen Pop mit einer Prise Punk und Folk, nennt der Mann aus dem Städtchen Stamford in Lincolnshire seine Musik. Dabei können allenfalls Wohlmeinende Lynchs schrammeliges Gitarrenspiel als punkig bezeichnen. Mit seinem Pop-Appeal ist es ebensowenig weit her: So ausladend sind die Melodiebögen gespannt, dass am Ende der Anfang schon wieder vergessen ist. Aber damit nerven heute ja viele junge an der Welt leidende Liedermacher. Wenigstens das Prädikat „akustisch“ ist beim allein mit Wandergitarre auftretenden Blondschopf zutreffend. Abhaken.
Leicht verschwurbelt gerät der Auftakt leider auch bei Torpus und den Art Directors, so dass man schon denkt: „fangen die jetzt auch noch so an?“  Doch nach ein paar Minuten und einigen Schlucken aus der Bierpulle hat sich das Quintett eingespielt: Torpus, das Shirt von den Rolling Stones – auch die „großartigste Rock´n´Roll Band der Welt“ brachte es ja zu erstaunlicher Perfektion im Schreiben von Fake-Country- und Fake-Folk-Songs –, den diagonalen Haarschnitt vom jungen Jean-Paul Belmondo in „Die tollen Abenteuer des Monsieur L“, singt beherzt vom Verlassen, aber auch von Optimismus und neuer Hoffnung. Dank des mehrstimmigen Gesangs erinnert das mitunter an The Band oder in seinen countryesqueren Augenblicken an die Byrds – nur etwas naiver und ungeschliffener.
Die Band, Gitarrist Melf Petersen, der stets traurig (oder schläfrig?) dreinblickende Schlagzeuger Felix Roll, Multiinstrumentalist Ove Thomsen, der neben Gitarre, Banjo und Trompete auch noch ein vermutlich aus Omas ausrangierter Wäschekommode gefertigtes Harmonium bedient und Jenny Apelmo, die kleine Frau am großen Bass, ist emsig engagiert, wie eine Gruppe Waldorfschüler beim Berufspraktikum im Sozialbereich. Mehr aber auch nicht. Von einer  Kneipen- und Fußgängerzonen-erprobten Combo hätte man sich schon etwas mehr Feuer erwartet. Die Directors spielen ihre Instrumente ordentlich, selten mitreißend.
Vielleicht ist das ja die von vielen Kollegen so enthusiastisch gefeierte „norddeutsche Gelassenheit“. Die kann schnell in Schluffigkeit umschlagen! Denn am besten sind Sönke Torpus und seine Mitstreiter, wenn sie ihre Lässigkeit ablegen und sich auch mal hinreißen lassen. Etwa auf den Spuren von Skiffle-König Lonnie Donegan wandelnd, so wie bei „Bring You Home“, manchmal gar rockend („The Leaving“) oder breitwändig balladierend ( „Know, Seen, Judged“). In solchen Momenten machen Torpus and The Art Directors jede Menge Freude.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen