Freitag, 3. Mai 2013

Er hat uns vom Pop befreit! - Zum Tod des Slayer-Gitarristen Jeff Hanneman



Besser kann man die Bedeutung von Jeff Hanneman nicht zusammenfassen: „Du du hast mich als Kind vom Pop befreit“, schrieb ein Fan im Internet unter die Todesnachricht des Slayer Gitarristen, der am Donnerstag in einem Krankenhaus in Südkalifornien an Leberversagen gestorbenen ist. Jeff Hanneman war nicht einfach ein Gitarrist, er war DER Metal-Gitarrist – allenfalls überragt von seinem Bandkollegen Kerry King.  Beide trafen sich 1981 in Huntington Park und gründeten Slayer, die neben Bands wie Exodus und Metallica als Wegbereiter des Thrash-Metal galten. Bis heute haben Slayer elf Alben veröffentlicht und laut Billboard-Magazin etwa fünf Millionen Tonträger verkauft.
Vor zwei Jahren hatte sich Hanneman wahrscheinlich durch einen Spinnenbiss Nekrotisierende Fasziitis zugezogen, eine Infektion, die die Haut absterben lässt. Hanneman war deswegen in den letzten Jahren mehrfach operiert worden und konnte nicht mehr mit Slayer spielen, wo er durch den Exodus-Gitarristen Gary holt vertreten wurde. Aus der Öffentlichkeit hatte sich der stets schweigsame Hanneman fast völlig zurückgezogen, trotzdem glaubte seine Band bis zuletzt an seine Rückkehr. Vom plötzlichen Tot ihres Kollegen zeigten sich die verbliebenen Slayer-Mitgliedervöllig überrascht.  Ob sein Leberversagen mit der Fasziitis zusammenhängt, ist bislang offenbar nicht bekannt. Jeff Hanneman wurde 49 Jahre alt.
Bereits auf ihren ersten beiden Alben, "Show No Mercy" (1983) und "Hell Awaits" (1985), die einem letalen Cocktail aus aggressivem, unbangbar schnellem Punkrock mit ultrahartem Metal ihr faustisches Potential an. Doch erst mit "Reign in Blood" kam es 1986 zur vollen Entfaltung. Ein wahrer Behemoth von einer Platte, das Adepten extremer Musik als das bislang brutalste, kompromissloseste und hasserfüllteste Metal-Werk aller Zeiten gilt.
Selbst aus diesem Vinyl-gewordenen Schlachtgetümmel, zu dessen düsterer Atmosphäre Hanneman mit seinem bellizistischen Spiel maßgeblich beitrug – besonders seine Soli gehen unter die Haut wie das kriechende Chaos  Nyarlathotep – sticht noch ein Song heraus wie ein Leopard 2-Kampfpanzer auf dem Kundenparkplatz eines Einkaufszentrums: „AngelOf Death“. Die Kombination aus der geballten Feuerkraft peitschender Drums, mit messerscharfen Stahlnägeln bewehrter Bass-Panzerung und todbringender Fingerfertigkeit und Präzision des Killer-Riffs speienden Zwillingsgeschützes King/Hanneman machen diese Nummer zum ultimativen Thrash Metal-Destillat – Größer und mächtiger als irgendetwas real existierendes. Wer nach diesen 4:51-Minuten Stahlgewitter noch jemals das Bedürfnis verspürt, ein Michael Bublé-Album aufzulegen, dem ist nicht mehr zu helfen.
Komponiert oder vielmehr von der Kette gelassen wurde „Angel Of Death“ von Jeff Haneman. Auch den nicht unumstrittenen Text, dem die Gräueltaten von  KZ-Arzt Josef Mengele zugrunde lagen und der die ohnehin harte Realität noch mit pechschwarzer Fantasie potenzierte, steuerte der Gitarrist bei (Auch bei der Entstehung weiterer Klassiker wie "Raining Blood", "Seasons in the Abyss" und "South of Heaven" hatte er seine flinken Hände im Spiel).
In der Folge wurde der blonde Raiders-Fan, der seine Gitarren gerne auch mit unzweideutigen Symbolen verzierte, immer wieder mit Nazi-Vorwürfen konfrontiert, die er ebenso lapidar abblockte, wie Anwürfe, er oder seine Band seien Teufelsanbeter: Er sei kein Satanist, Gott gehe ihn einfach nichts an.
Zu seinem bevorzugten Sujet, dem Tod, hatte Hanneman vorgeblich ein neutrales bis entspanntes Verhältnis. Dem Rock Hard sagte er einmal in einem Interview: „Wenn wir sterben, sind wir tot. Mausetot. So einfach ist das! Das bedeutet, dass man sein Leben genießen sollte, denn es ist schneller vorbei, als man denkt. Und für jene, die uns ein schönes Leben versauen wollen, schreiben wir unsere Texte.“ In diesem Sinne: ruhe in Frieden, Jeff Hanneman!


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