Samstag, 4. Mai 2013

Musikalischer Ego-Shooter - Amplifier



Klein gibt es nicht bei Amplifier. Zwar verbeugen sich die Prog-Rocker aus Manchaster auf ihrem aktuellen Longplayer „Echo Street“ mehr vor den sphärischen Pink Floyd als den Hochbauingenieuren Rush, live aber  ist das Trio an diesem Dienstag, 30. April, im Substage zum Quintett aufgeblasen. Und die dreiköpfige Sechs-Saiten-Hydra entfacht Gitarrenstürme, die in der Lage sind, nicht nur ein Paar baufällige Farmhäuser, sondern  gleich eine mittelgroße Landstadt in magischeLänder zu katapultieren.
Doch wir greifen vor. Den Anfang im trotz Europapokalschlager recht gut besuchten Club macht Charlie Barnes. Nur in Begleitung einer Akkustik-Gitarre taucht er plötzlich mitten im Publikum auf. Erstmal Skepsis! Doch entpuppt sich der schmächtige Brite schnell als wahrer Einmann-Symphoniker. Mit elektronischer Hilfe singt er mit sich selbst im Kanon und unterlegt die Chöre mit fein vor aller Augen und Ohren verwobenen Klangteppichen. Beeindruckend!
Dann betreten Sel Balamir und seine Collaborateure die Bühne. Überraschend: Der Sänger und Songwriter hat sich vom Zausel im T-Shirt zum akkurat frisierten Hemdträger gewandelt. Doch vom feinen Zwirn soll man sich nicht täuschen lassen! Amplifier sind Schwerarbeiter. Ein ums andere Klanglabyrinth von nahezu daidalischer Komplexität errichten sie, durch dass sich ein anabol aufgepunpter Sgt. Pepper den Weg gegen allerlei ausgeflippte Kreaturen – sie haben rosa Tentakel – freiboxen muss. Den Soundtrack  zu diesem musikalischen Ego-Shooter bilden Riffs, so bedrohlich wie ein ausser Kontrolle geratener Öltanker – ins Bild passend: als zusätzlicher Gitarrist ist Steve Durose, von den inzwischen aufgelösten Oceansize dabei –  auf dessen Brücke sich gerade Yes und ELP, den totalen Riss geben – egal, wohin die Reise geht. Don´t try this at home, kids! Oder anders gesagt, für Menschen, die zu epileptischen Anfällen neigen, ist das hier nix! Zum Glück nimmt man regelmäßig Dampf vom Kessel und dümpelt ein wenig auf dem topographischen Ozean herum, bevor es erneut mit Rammgeschwindigkeit weitergeht.
Klar, auf Dauer wirkt das ewig wiederkehrende Laut-dann-wieder-leise-Spielchen etwas eintönig, aber man  muss doch eines sagen: auf jeden Gewittersturm folgt Sonnenschein. Wer wollte sich darüber beschweren!

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