Montag, 10. Juni 2013

Aus der Asche von Thin Lizzy: Black Star Riders

Ok, jetzt mal ohne feuilletonistisches Geschwafel oder dythirambische Ahnenverehrung, wie sie in der Rockgemeinde gerne mal zelebriert wird: was haben wir hier? Black Star Riders, um deren Debütalbum „All Hell Breaks Loose“ (Nuclear Blast) es hier geht, sind die Überbleibsel der letzten einer längeren Reihe von Thin Lizzy-Inkarnationen, mit denen Gitarrist Scott Gorham seit Mitte der 90er in unterschiedlichen Besetzungen durch die Lande tingelte – ohne den durch Tod verhinderten Phil Lynott, versteht sich. 


Ob das nun schnöde Leichenfledderei oder Nachlassverwaltung war, kommt auf den Blickwinkel an. Jedenfalls fand das Spielchen seine Ende, als es an die Aufnahmen neuen Materials ging. Ein neues Lizzy-Album ohne Phil wäre vielen wohl auch des Guten zu viel gewesen. Zumal der Abgang von Drummer Brian Downey, Gorham als einzigen Eckpfeiler der klassischen Besetzung zurücklies. 

Leichenfledderer oder Nachlassverwalter? Scott Gorham und Black Star Riders. Foto: Mattia Zoppellaro
Was also ist bei der Charade herausgekommen? Der Titeltrack stampft schön stimmungsvoll übers grüne irische Gras. Und auch Nummern wie „Hoodoo Voodoo“ oder „Valley Of The Stones“ sind aufmunternde Rocksongs. Vor allem im Gitarrenbereich hat das Album seine Momente: Gorham windet blütenreiche Twin-Guitar-Kränze, wie sie auch in der Lizzy Hochzeit `74 bis `78 hätten entstehen können, als der der Gegenspieler noch Brian Robertson statt Damon Johnson (u.a. Alice Cooper) hieß.
Kritisch wird es allerdings, wenn die Thin Lizzy-Karte allzu offensichtlich aus dem Ärmel gezogen wird. Denn ohne Lynotts authentische Texte und gefühlvollen Gesang geraten Gorham und Konsorten schnell an die Grenze der Peinlichkeit. So wäre der `86 verstorbene Frontmann mit einem melodisch so infantilen Refrain wie in „Bound For Glory“ vermutlich noch davon gekommen, Sänger Ricky Warwick (The Almighty) gerät er hingegen fast schon zum Schlager. Auch die folkige Black Rose-Referenz „Kingdom Of The Lost“ klingt eher nach Riverdance als nach Rock und dürfte allenfalls auf vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk präsentierten Konzert-Events auf schwäbischen Marktplätzen für Begeisterung sorgen.
Hätte Gorham den Schneid oder die Fantasie gehabt, sein Projekt ein wenig weiter abseits von seiner Marke zu positionieren, wäre vielleicht mehr bei der ganzen Aktion herumgekommen. Wie man ein zeitgemäßes Thin Lizzy-Album fabriziert, hat Dave Mustaine ja gerade mit „Super Collider“ vorgemacht.


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