Dienstag, 9. Juli 2013

Alice In Chains – schwere Knochen


Wissenschaftler haben festgestellt, in der Zeit kann man nicht zurückreisen. Ohrenscheinlich haben Alice In Chains einen Weg gefunden dieses Problem zu umgehen, indem sie sich mit ihrem neuen Album unterm Arm, puff, direkt aus dem Jahr 1995 in unsere Gegenwart gebeamt haben. Ein stinkender alter Knochen ist „The Devil Put Dinosaurs Here“ (Capitol/Universal) entgegen seines fossilisierenden Titels jedoch keineswegs. Noch bevor  die vier Songs, die dem wirklich grandiosen Titeltrack vorausgehen, abgespielt sind,  haben die vier wildgewordenen Paläontologen eindrucksvoll bewiesen, dass ihre urwüchsigen Kreativkräfte locker noch bis zur nächsten Eiszeit reichen. Die Debatte, ob Neusänger William DuVall den verstorbenen prometheisch begabten Layne Staley nun würdig genug vertritt oder nicht, sei hier mal ausgeblendet (ich meine, ja). Dies ist ohnehin Jerry Cantrells Album: Schon der Opener „Hollow“ stampft mit seinem keulenschwänziger Euoplocephalus von einem Riff dermaßen, dass sich noch zehn Kilometer weiter das Wasser auf den Pfützen kräuselt.
Doch das ist nur das Vorspiel.  Im Stück, welches dem Nachfolger der 2009er Comeback-Platte „Black Gives Way To Blue“ seinen Namen gab, lässt Cantrell gleich einem zyklopischen Schöpfergott, der mit seinem Instrument Raum und Zeit beherscht, eine prähistorische Welt wiedererstehen: gewaltige Triceratopses krachen ihre mächtigen Nackenschilde aufeinander, gigantische schwanenhalsige Brontosaurier durchmessen donnernden Schrittes dieses urzeitliche Reich, über dem mächtige Flugechsen ihre endlosen Kreise ziehen, und schlagen mit ihrem hohlen Gebrüll selbst den furchterregenden T-Rex in die Flucht. Kolossal, was der Mann aus seiner Gitarre herausholt!
Doch AIC können nicht nur Jura sondern auch Subatlantikum, also Erdneuzeit: „Scalpel“ ist eine leicht Beatles-verliebte Halbballade, wie sie auch The Velvet Underground & Nico hätten bringen können. Aber die Echse schlägt unmittelbar zurück, „Phantom Limb“ ist purer archaischer Teergruben-Metal. „Hung On A Hook“ danach klingt ein wenig als würden Trouble „Down In A Hole“ spielen.
 „The Devil Put Dinosaurs Here“ ist AICs „Mob Rules“. Vielleicht nicht ganz so stark wie der Vorgänger, aber echt urig und teuflisch gut!
 
Im Jura unterwegs; Alice In Chains 2013




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen