Dienstag, 16. Juli 2013

Bob Wayne - Huldigung abgedroschener Männlichkeitsideologien




Bob Wayne ist die musikalische Entsprechung von Filmen wie „Smokey and the Bandit“ oder „Gator“: Der Moonshine fließt in Strömen, man defloriert die Tochter vom Scherriff, fährt auf achtzehn Rädern wild johlend den Bullen davon, jede Menge Herzen und Autos gehen zu Bruch und am nächsten Morgen wacht man mit einem riesen Kopf im Bezirksgefängnis auf. Eine Huldigung abgedroschener Männlichkeitsideologien? Vielleicht. Ein Mordsspaß? Auf jeden Fall! So auch beim Konzert des urwüchsigen Country-Musikers in der AltenHackerei.
Punkt 22.45, lediglich eine Dreiviertelstunde später als angekündigt, schlurft eine Bande bärtiger Hinterweltler in ausgelatschten Cowboystiefeln auf die Bühne: Der Mann an der Gitarre trägt Baseballmütze zur weinrot getönten Kassenbrille und hat seine Fender Telecaster vermutlich im 40-Tonner statt im Instrumentenkoffer aufs Schlachthofgelände transportiert (nichtsdestotrotz entpuppt er sich im Verlauf des Abends als einer der feinsten Picker seit Curtis Loew). Der Schlagzeuger schlupft barfuß aus den Boots und sieht mit seiner brustlangen weißen Gesichtsbehaarung und dem Militärkäppi aus, als habe er bis vor kurzem noch als Kanonier im Sezessionskrieg gedient – bei den Konföderierten, versteht sich. Der Bassspieler und die Geigerin schließlich, wohnen aufgrund ihrer White Trash-Ästhetik vermutlich nicht nur wenn sie auf Tour sind im Bus. „Dass die immer mit solchen Bärten rumlaufen, unvorstellbar“, murmelt eine entgeisterte Besucherin.
Bob Wayne himself, speckige Lederweste um den fülligen Leib, Piratentuch um den eher kleinen Kopf, stapft schließlich als letzter herbei. „Egal, ob wir vor 20 oder 20 000 Leuten spielen, es gibt jeden Abend dieselbe Show“, brüllt er. Ob Wayne und seine Leute schon einmal vor so vielen Menschen gespielt haben oder je spielen werden, darf getrost bezweifelt werden. Aber Alarm machen sie als ob. Der Etatmäßige Trunkenbold am Tresen reist schon erschreckt die trüben Augen auf.
„Im Himmel gibt es keine Diesel-Trucks“, singt Wayne oder davon, dass man von Hexen und Polizistinnen besser die Finger lassen soll. Ganz klar: der Mann weiß Bescheid! Die meisten seiner eher konventionell gestrickten Country-Songs, die sich irgendwo zwischen Hank III und den traditionelleren Sachen von Shooter Jennings einordnen lassen, sind eigentlich zu schnell für einen Mann, der den Schriftzug der Band Neurosis (sie gelten als Heroen atmosphärischer Schneckenmusik) auf den Unterarm tätowiert hat. Und spielt er doch einmal ein gefühlvolles Lied, heißt es „Love Songs Suck“. Danach geht´s, boom-chicka-boom, gleich mit Vollgas weiter. Auf Bob Waynes Highway ist immer die Hölle los.
Auf Dauer wirkt das ein wenig ermüdend, besteht der Charme amerikanischer Volksmusik ja nicht zum unerheblichen Teil darin, dass man als Hörer eine Geschichte erzählt bekommt; sei sie anrührend, spannend oder aus dem Leben gegriffen. Aber Geschichten sind Bob Waynes Sache nicht, ein echter Outlaw ist eben immer auf der Flucht. Der Arm des Gesetzes ist lang.     


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