Samstag, 31. August 2013

Motörhead auf Helium - T.S.O.L in der Alten Hackerei


TSOL performing December 17, 2011 at the Santa Monica Civic Auditorium in Santa Monica, California. Left to right: drummer Tiny Bubz, singer Jack Grisham, and guitarist Ron Emory. Foto: IllaZilla

Es lag wohl am kühlen Wetter: Nicht mal ein halbes Dutzend Kurzbehoster hat sich an diesem Mittwoch in der Alten Hackerei eingefunden. Dabei genießt man den sonnigen California-Punk von T.S.O.L. doch am besten mit freiliegenden Waden. Das Akronym steht ja schließlich für True Sound Of Liberty. Die etwas dünne Kulisse hatte aber auch ihre Vorteile. Über mangelnde Beinfreiheit konnten die knapp dreißig Besucher nicht klagen.
Und die ist bei einem Konzert der vier Herren, die heute als Mitbegründer einer Szene gelten, der auch Bands wie Bad Religion oder Circle Jerks entstammen, auch dringend vonnöten. Ist der Sound des Quartetts aus Huntington Beach an der Pazifikküste doch Prima dazu geeignet, ausgelassenes springerbestiefeltes Herumhüpfen zu orchestrieren.
Zwar sieht der einstmals recht smarte Sänger Jack Grisham mit weicher Hüfte, Sakko, schwarzem V-Nacken-Hemd und blondierter Fönfrisur – als Punk-Referenz immerhin mit Undercut – inzwischen aus wie eine grinsende Perversion von Howard Carpendale (freilich könnte man auch argumentieren, Howard Carpendale sei eine grinsende Perversion Jack Grishams). Doch keine Angst, statt „Ti amo“ gibt´s hier höchstens eins in die Klöten.
Highspeed Gitarren, 18-rädriger Bass, Betonrüttler-Drums, alles arsch-tight.  Darübergelegt Kinderliedmelodien und bis zur völligen Unverständlichkeit  schnell, mit Heliumstimme  vorgetragene Texte. Spielten Alvin and the Chipmunks „Ace Of spades“, es klänge wohl so ähnlich.
Logisch, dass Grisham und Co bei der Arbeit Spaß haben wie die Streifenhörnchen: Gitarist Ron Emory grinst unter seiner Popeye-Mütze hervor, Grisham klaut Drummer Todd Barnes schonmal mitten im Song die Stöcke aus der Hand, nur Mike Roche glotzt stoisch durch seine Hornbrille wie der Goldfisch aus dem Glas.
Warum es für T.S.O.L nie mit dem ganz großen Durchbruch geklappt hat, lässt sich trotz aller Spielfreude nicht verleugnen. Es fehlen der ein oder andere zündende Refrain und die gelegentliche catchy Hookline. Dennoch, einen Mittwochabend kann man sicher auch sinnloser zubringen.

Freitag, 30. August 2013

"Ruhrpott, Zerstörung!" - Kreator veröffentlichen "Dying Alive"




Mit ihrer Live-DVD/Blu-ray/Doppel-CD (auch als Ohrbuch erhältlich) "Dying Alive" (Nuclear Blast/Warner), die seit heute  in den Läden steht, hat Europas größte und beste Thrash-Band eine Werk- und Leistungsschau abgeliefert, wie sie wertiger nicht sein könnte. Nach 45 Dates in Folge läuft die Kreator-Maschinerie am 22. Dezember 2012 beim Konzert in der Oberhausener Turbinenhalle wie mit Ochsenblut geschmiert. 
 Mille brüllt,  „Ruuuhhhhaaaaaapott, Zerstöööhrung“, und dann geht das los: Anderthalb Lehrstunden in akkurater Thrash-Demontage. Klassiker wie „Exreme Aggression“ oder „Endless Pain“, Songs aus der mittleren Periode („Phobia“) und neue Werke wie „Civilisation Collapse“ entfalten dabei gleichermaßen ihre von der Zeit scheinbar unverminderten zerstörerischen Kräfte. Es wird deutlich: Trotz einiger kurzer Schwächephasen, waren Kreator in jeder Phase ihrer Geschichte in der Lage, erstklassig verarbeitetes Edelmetall abzuliefern.
Bei allem Gemetzel und Geschrote sind die einzelnen Bauteile dank des glasklaren Sounds stets unterscheidbar. Die Gitarren sind schön kroß wie ein Mundvoll Metallspäne, der Bass crunchy wie ein in Bierteig frittiertes Winkeleisen und die Drums so knackig wie ein Essig eingelegter säurefester Stahlträger.
All das wird noch überragt von Sami Yli-Sirniös exquisitem Gitarrenspiel: Seine melodischen Licks und Soli bilden den perfekten Widerpart für Milles maliziöses Geschredder. Das Zusammenspiel der beiden gipfelt in einfach nur geilen Double-Lead-Gitarrenparts, die noch einmal Unterstreichen, was für ein Glücksgriff der Finne nach dem Abgang von Tommy Vetterli für die Band war.
Aber auch die übrige Mannschaft versieht ihren Dienst vorbildlich: Ventor schlägt drein wie ein Brauereigaul und verleiht jedem noch so einfachen Bumm-Bumm-Tschack mehr Heavyness als ein ganzer Stall voll hochgezüchteter Blast-Beat-Frickel-Stuten zu erzeugen in der Lage ist. Während Basser Christian Giesler gewohnt souverän den Rhythmus-Teppich unterfüttert. 
Mille selbst ist bestens bei Stimme und spritzt dermaßen Gift und Galle, dass selbst supertoxische Viecher wie Würfelqualle und Kegelschnecke neidisch werden. Dazu gibt es diese herrlichen typischen Mille-Ansagen („Jedes Mal, wenn wir in den Ruhrpott kommen, habe ich das Gefühl, im Publikum herrscht eine totale Aggression.“ „Beim nächsten Song möchte ich mehr Gewalt und Brutalität im Moshpit sehen“), von denen man nie wirklich weiß, ob sie jetzt selbstironisch sind oder doch einen gewissen Ernst in sich bergen. Faszinierend ist und bleibt allerdings immer wieder, dass jemand, der so schön kreischen kann wie Mille, dermaßen schlecht singt. Aber wer ist schon perfekt?
Ein Wehrmutstropfen ist auch die hypernervöse Schnittfolge der DVD. Das ewige Herumgehoppse zwischen Gitarrengurt-, Frettboard-, Moshpit-, Hallendach-, Ventors-Hinterkopf- und was sonst noch für Kameras ist einfach nervig. Zwar beruhigt sich das Ganze nach und nach ein wenig, trotzdem bekommt der Zuschauer vor lauter Hektik nur selten mit, was die einzelnen Akteure eigentlich an ihren Instrumenten machen. Das ist schade, denn gerade wer selbst in die Saiten haut oder die Stöcke schwingt, schaut sich bei derlei Gelegenheiten doch gerne den ein oder anderen Kniff ab, wofür bei Konzerten dieser Größe vom Zuschauerraum aus ja kaum Gelegenheit besteht. Aber das mag Geschmackssache sein.
Das Bonusmaterial allerdings bleibt tatsächlich ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Schön, man erfährt vom Soundingenieur, dass die Musiker mit In-Ear-Monitoring nix von der Show mitbekommen und er deshalb Publikumsreaktionen zumischt. Sowie vom Drum-Techniker, dass Ventors Snaerdrum auf der Bühne das lauteste Instrument ist (da wäre man allerdings auch alleine drauf gekommen). Auch dass Kreator in Polen schon einmal morgens um vier aufgetreten sind, weil sie wegen Problemen an der Grenze Verspätung hatten, aber  die Show nicht absagen wollten. Bilder davon gibt es allerdings nicht. Eine ausführlichere Tourdoku wäre halt schön gewesen. Herrlich dagegen das Interview-Snippet mit dem polnischen Chirurg, der während OPs mit seinem Team Kreator hört.
Trotz kleinerer Mankos bietet „Dying Alive“ nicht nur einen Top-Gegenwert für´s Geld, sondern ist auch eindrückliches Dokument dafür, dass Kreator ihre Wut auch im 30. Jahr ihres Bestehens noch immer nicht im Griff haben. Oder um es mit den Worten eines im Bonus-Teil interviewten, leicht angesäuselten Ruhrpott-Thrashers der ersten Stunde zu sagen: „Hävvy Mäddl is se law, all assas must die!“ So sieht´s aus, Freunde!

Die Würfelqualle des Thrash: Mille Petrozza

Samstag, 24. August 2013

Saint Candle - Church Of Void besetzen die Nische zwischen minimalistischem und epischem Doom Metal



Als New Wave of Old School Doom-Metal werden Church of Void von der Plattenfirma präsentiert. Das übliche Promogeschwätz? Mitnichten! Denn wie sich schon beim ersten Durchlauf des Album-Debuts „Dead Rising“ (Vö: 30.8., Svart Records) zeigt, kriech-rocken die Finnen in bester Saint Vitus-Manier.
Schon der Opener “Tristess” wummert, als sei er von den „V“-Sessions übriggeblieben. „Son of A Witch“ erinnert von Feeling her gar ein wenig an „The Lost Feeling”. Und auch gesanglich ist Frontmann Magus Corvus ein Amalgam aus Wino und Christian Lindersson.
“Winter Is Coming” hingegen ist keine Hommage an „Jack Frost“, sondern kommt im Gegensatz zu dem maximal minimalistischen SV-Klassiker fast schon episch daher. Das steigert sich beim folgenden Titeltrack noch. Der lässt mit seinen bedrohlich heranrollenden, überbreiten Gitarren-Walzen gelegentlich ans Spätwerk von Candlemass denken. Artet dann aber plötzlich in eine Snaer-Stakkato-getriebene Noise-Insultation aus. Cool!
Chruch Of Void besetzen erfolgreich die Nische, zwischen dem reiner Intuition folgenden pechschwatzen Depressions-Blues der L.A.-Doomer und den fein säuberlich auskomponierten, mythischen Metal-Skulpturen der schwedischen Kerzenzieher. Ein atmosphärisch sehr gelungener Stilmix. Wobei das Quintett auch noch mit originellen Riffs und pfiffigen Arrangements besticht, was im archaischen Duster-Genre ja nicht gerade häufig ist. Daumen hoch! 



Freitag, 16. August 2013

Vom Blues-Rocker zum Soul-Jüngelchen - Jonny Lang "Fight For My Soul"




Der Opener „Blew Up“ von Jonny Langs neuem Album „Fight For My Soul“ (Provogue/Mascot/Roughtrade, VÖ: 23.8.), seinem ersten in sieben Jahren, beginnt mit verschärftem Bluespicking und einem richtig coolen Riff vielversprechend. Leider verpufft dieser Anfangsschwung schon nach 45 Sekunden. Sobald der erste Refrain einsetzt, erfolgt der Schwenk zum tanzflächenkompatiblen Pop-Rock, mit dem uns auch schon ein Joe Cocker seit Jahrzehnten quält. Was folgt ist mit allerlei Sample-Gezumse  und Gehumpse unterlegter zeitgenössischer R´n´B (also Zuckerfäden ziehende pappige schwarze Popmusik, nicht die feurige Variante des Genres in seiner Hochphase der 60er und 70er Jahre) mit Funk und Blues Einsprengseln.
Was Lang auf seinem vorangegangenen Werk „Turn Around“ bereits andeutete, vollzieht er nun mit „Fight For My Soul“: die Wandlung vom Blues-Rocker zum tanzfreudigen weißen Soul-Jüngelchen. Dagegen, dass der 32-Jährige den Helden seiner frühen Jugend Prince, Michael Jackson oder Terence Trent D´Arby huldigt, ist im Grunde nichts zu sagen. Aber was in den 80ern auf Alben wie „1999“ oder „Introducing The Hardline According To T.T. D'Arby“ soundtechnisch bahnbrechend war, klingt mehr als ein viertel Jahrhundert später in etwa so angestaubt wie der Soundtrack zur Urversion von Donkey Kong. Hinzu kommt noch, dass sich Balladen wie „The Truth“ auf unterstem Brian Adams-Kitsch-Niveau bewegen.
All das spricht natürlich nicht unbedingt gegen einen kommerziellen Erfolg von „Fight For My Soul“, aber als Verfechter handgefertigter Rockmusik, hätte ich mir von einem versierten Gitarristen und herausragenden Sänger wie Jonny Lang gewünscht, er hätte einen anderen Pfad eingeschlagen – und sei es nur um seines Seelenheils willen.
Foto: Promo/Piper Ferguson

Donnerstag, 15. August 2013

Lebt denn der alte Dr. Knatter-Rock noch? - The Jokers "Rock´n´Roll is Alive"

Peinlicher Albumtitel, alberner Bandname, quatschiges Cover und auf dem Bandfoto ein paar Typen, die in ihren lächerlichen Lederblousons offenbar das Ende der 80er verschwitzt haben.  „Rock´n´Roll is Alive“ (Steamhammer/ VÖ: 30.8.) von The Jokers, auf dessen Hülle ein toupierter C.C. DeVille-Blondschopf im bunten Superhelden-Strampelanzug durch den Friedhofsboden bricht, trägt alle Anzeichen einer Totgeburt – rein äußerlich betrachtet. Denn überraschenderweise enthält der Silberling nicht irgendwelche ironisch neu aufgegossene Poser-Scheiße à la Steel Panther, sondern schön trocken knatternden Hardrock´n´Roll der Marke Y&T oder Great White (Will man jüngere Beispiele heranziehen: The Answer, obwohl die origineller und frischer sind). Natürlich kann das Quartett aus Liverpool nicht ganz in direkte Konkurrenz zu Referenzwerken wie „Black Tiger“ oder „Once Bitten“ treten, aber mit flotten Schiebern wie „Silver City“, „Night Driver“ oder "Dr Rock Head" und einem Fläschchen Rotwein kann man locker einen überaus netten Nachmittag verbringen.

Mittwoch, 14. August 2013

Musical-Spaß im Bibelkreis - Powerwolf "Preachers of the Night"


Also ganz ehrlich: Als ich die Neue Powerwolf im Auto in den CD-Spieler schob, habe ich nach wenigen Sekunden Laufzeit erst mal beschämt das Fenster hochgefahren – trotz Hitze. Um beim Cruisen die Umgebung zu beschallen, war mir der unfassbar theatralische Keyboard-Bombast des saarländisch-rumänischen Joint Ventures um Operetten-Pope Attila Dorn dann doch irgendwie zu peinlich. 
Man könnte auch darüber streiten, ob dieses Potpourri aus biblischen Versatzstücken und auf Groschenroman-Niveau verarbeiteten Mythen (hauptsächlich Werwölfe), das die Band auf ihrem fünften Longplayer „Preachers of the Night“ (Napalm Records) bietet, überhaupt als Metal durchgeht. Denn dafür wäre zumindest nach meinem Verständnis noch immer obligatorisch, dass dem Song ein markantes Riff zugrunde liegt. Nicht, dass es bei Powerwolf keine verzerrten Gitarren gäbe, aber das Axt-schwingende Duo, Charles und Matthew Greywolf, beschränkt sich meist darauf, Dorns mit voluminösem Operngesang vorgetragene, zugegebenermaßen sehr eingängige Gesangslinien und diverse Kirchenorgeln rhythmisch zu hinterlegen. 
Gründe genug also, die Scheibe sofort in die Tonne zu kloppen. Hätte ich das bibelfeste Quintett nicht kürzlich live auf dem WOA erlebt und mich ziemlich gut amüsiert: Dorn, optisch eine Mischung aus Hunnenkönig und Orthodoxem Priester, trug bei 40 Grad Hitze, die schließlich selbst Lemmy in die Knie zwangen, ungerührt schwarze Pluviale und Soutane. Machte mit osteuropäischem Akzent, der seine skurrile Erscheinung herrlich abrundete, allerlei Witzchen („Ich chabbe mit Pätrrus gesprrochen, err soll Wacken nicht absaufen lassen. Und äs chat funktionirrt.“) und erwies sich auch sonst als begnadeter Entertainer, Entschuldigung, Laienprediger. 
Fasst man Powerwolf als so unernsten wie unterhaltsamen Musical-Spaß im Spannungsfeld zwischen Fantom der Oper-Kitsch, Running Wild-Geschunkel, Helloween-Klamauk und The Nights of the new Crusade-Glaubensverständnis (“Ain´t no monkeys in my family tree”) auf, kann man an einer Bibelstunde mit den kalkgesichtigen Messdienern aus Saarbrücken also durchaus seine Freude haben. Einen weiteren Spaßpunkt gibt´s für die limitierte Altar-Edition von „Preachers oft he Night“. Komplett mit Triptychon, schwarzen Kerzen (plus Halter!) und magischem Amulett-Anhänger – erhältlich für schlappe 130 Euro. 


Dienstag, 13. August 2013

Soul unterm Storchennest - The Bellrays live in der Alten Hackerei

 
Bilder: Minea Linke

Auf den ersten Blick hat Lord Bishop mehr mit einem Hinkelstein gemein, als mit einem Musiker. Auf den zweiten Blick auch. Ein Hinkelstein allerdings, der sich in die Arbeitskleidung eines schwarzen Zuhälters aus dem Harlem der frühen 70er Jahre gezwängt hat. Der (grob geschätzt) zwei auf vier Meter Mann hat die Eisenfresserphysiognomie eines Michael Clarke Duncan ("The Green Mile", "Daredevil"): Die Gitarre baumelt um seinen Hals wie Ping Pong-Schläger, der ausladende Cowboy-Hut sitzt dem Hühnen so knapp auf dem rasierten Schädel, wie die koketten Party-Kopfbedeckungen, die auf besonders ausgelassenen Sylvester-Parties üblich sind. Musikalisch ist das Trio des lebenslustigen Bischofs, der aus einer riesigen Pulle Whiskey ans Publikum in der an diesem Freitag voll besetzten Alten Hackerei auf dem ehemaligen Schlachthofgelände ausschänkt, mit seiner Fusion aus Heavy Rock und Funk-Elementen zwar weniger eindrücklich als visuell. Aber für das, was noch kommen sollte, genau die richtige Einstimmung.
Lisa Kekaula und ihre Band The Bellrays tun das, was Whitney Houston schon immer hätte tun sollen, statt ihr Leben mit Pop zu vergeuden, und was Iggy Pop tat, als er “Lust For Live”, “You Can’t Hurry Love” von den Supremes nachempfand: Weißen Rock mit schwarzem Soul verbinden. Denn was Kekaula, die nicht nur bei den wiedererstandenen MC5 als Backgroundsängerin gewirkt, sondern von Rob Tyner auch die ausladende Afro-Frise hat, unter dem Motto, "wo ich bin, ist Freitagnacht", auffahren, ist nichts weniger, als der Beweis, dass R´n´B nicht nur nicht tot ist, ja nichteinmal komisch riecht, sondern vielmehr nach "Vera Wang Princess" duftet.



Bob Vennums schrummelnde Gitarren, bis zur unkenntlichkeit verzerrter Bass und Hals-über-Kopf-On-beat-Schlagzeug. Dazu diese unwiderstehliche, irgendwo zwischen Billie Holiday und der jungen, im Netzhemd "I' ve Been Loving You Too Long" singenden Tina Turner angesiedelte Stimme, mit der die Storchennest-köpfige Kekaula wie ein ganzer zugecrackter Gospelchor, der von lauter danteschen Teufelskreaturen mit glühenden Zangen traktiert wird, schreit, predigt, mahnt, maßregelt, trauert, tobt, leidet, scherzt, jubelt und, ja auch das, singt. Da fühlt sich mancher bemüßigt, seid der Jugend vergessene Tanzmoves und bluesbrüderliche Beinarbeit wieder ins Bewegungsrepertoire aufzunehmen. Da möchte man wie Mick Jagger die Maracas schwenken und dem Teufel sein Mitgefühl aussprechen, die Fesseln der Zivilisation abwerfen und sein Leben in einer evolutionären Abwärtsspirale wegwerfen. !

Die Temperatur steigt, die Barmädels kommen mit dem Bierkistenschleppen kaum noch nach. Zwar bewegt sich die um die Hüften etwas füllige Kekaula langsam, ja träge, über die Bühne, wie ein Everglades-Aligator bei kühlem Wetter, trotzdem muss man sich fragen, ob es unter diesen Haaren eigentlich noch wärmer ist, als hier im Raum, oder sie vielleicht über eine versteckte ventilierende Eigenschaften verfügen. Sollte es so sein, man hätte gerne auch so ein gekringeltes Kühlsystem. Dann könnte es noch ewig so weiter gehen. Yeah, baby, yeah, don´t stop now! Don´t even think about it!