Samstag, 2. November 2013

Ska-Noir - Les Hurlements d’Leo

Les Hurlements live 2009. Foto: Promo
Was dem durchschnittlichen Rock-Existentialisten den Ska so unerträglich macht, ist der penetrante Offbeat-getriebene Frohsinn dieser Musikrichtung. Während bei Musikaufführungen gegenkultureller Genres wie Punk (No Future!) oder Heavy Metal (totale Zerstörung!)  ein mehr nihilistisches Weltbild gepflegt wird, was auch in den eher grimmigen Tanzformen Pogo und Headbanging seinen Ausdruck findet, kann es auf Ska-Konzerten niemals lustig genug zugehen: Wie blöde grinsende Menschen – vorzugsweise mit zu Würsten gedrehten Haaren und zu weiten Hosen aus dem Asia-Shop – werfen zum ewig aufgekratzten Ka-chink unbeschwert skankend die Beine in die Luft. Ganz so, als habe es ein Altamont nie gegeben und sei die Hippie-Kultur nicht schon 1969 in einem Nebel aus Blut und Lysergsäure untergegangen. Les Hurlements d’Leo bilden die berühmte, die Regel bestätigende Ausnahme. Am Dienstag spielte die Band aus Bordeaux im Karlsruher Tollhaus.
Das Oktett als Kummerbuben zu bezeichnen, wäre freilich übertrieben. Doch schaffen es die Franzosen, indem sie instrumentell mit Steh-Bass, Bass-Saxophon und Synthesizern agieren, das gängige Uffta-uffta mit einer kräftigen Dosis Melancholie einzuhegen. Dem obligatorischen Bläsersatz mengen sie so etwas morbide orgelnden Horror-Punk und melancholisch fiedelnde Zigeunerjungen-Wehmut bei. Les Hurlements d’Leo knüpfen an die zynisch-pessimistische Film-Noir-Ästhetik an, die sie mit elegisch-bunter Chanson- und Varietékultur vermengen.
Zwar sitzen die „Schreihälse“ damit irgendwo zwischen den Stühlen von Chanson, Zigeunermusik, Ska und Punk – aber das doch verdammt sattelfest. So dass es im mittelprächtig gefüllten Konzertsaal doch noch recht schwitzig wurde. Les Hurlements d’Leo gelten zu Recht als Nachfolger berühmt berüchtigter Bands wie Mano Negra und Les Negresses Vertes.

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