Montag, 30. Dezember 2013

Wölfe, die mit Watte werfen - Powerwolf

Bitte recht wolfig: Powerwolf Foto:Promo

Sagen wir es geradeheraus: Powerwolf haben mit Heavy Metal in etwa so viel zu tun, wie „Phantom Of The Opera“ mit Verdi oder Rondo Veneziano mit Vivaldi. Musik-Ultras, die ihr Schwermetall gerne übel und gefährlich mögen, können mit dem etwas geschraubten Keyboard-Zuckerwerk der Saarländer daher verständlicherweise herzlich wenig anfangen. Wochenendmetaller, die einem kurzweiligen Musical-Spaß zwischen Popen-Blödsinn, Edguy-Ulk und  Stephenie Meyer-Kitsch nicht abgeneigt sind, haben an einer Bibelstunde mit dem kalkgesichtigen Quintett aus Saarbrücken hingegen ihre helle Freude. Im Substage jedenfalls, wo Powerwolf ihren Fans vor ausverkauftem Haus am Freitag die Messe lasen,  herrschte vom ersten Takt an derart ausgelassene Kreuzzugsstimmung, dass Papst Urban II. (rief 1095 zur ersten Kreuzfahrt auf) vermutlich Freudentränen vergossen hätte.
„Wolfsnacht, statt Weihnacht“, gab Sänger Attila Dorn, in schwarzer Pluviale und Soutane optisch eine Mischung aus Dschingis Khan und orthodoxem Priester, Weihrauchfässchen schwenkend gleich zu Beginn als Motto aus. Das ließen sich die der feiertäglichen Beschaulichkeit offensichtlich müden Besucher nicht zweimal sagen und schmetterten Powerwolf-typische bierzelt-, Verzeihung, kirchentagstaugliche Gassenhauer wie „Amen and Attack“ oder „Resurrection by Errection“ vom ersten Takt an aus vollem Halse  frenetisch mit.
Dorns Operettengesang hingegen war zunächst weniger voluminös, was der stets gut aufgelegte Entertainer allerdings durch allerlei Witzchen, Bühnenkapriolen und gefälschten Rumänischen Akzent wieder wettmachte. Während der gute Attila seine Stimmbänder nach ein paar wenigen Songs aufgewärmt hat, will sich das manierierte Chargieren der übrigen Bandmitglieder hingegen nicht verringern. Keyboarder Falk Maria Schlegel bearbeitet mit seinen Händen öfter die Luft über seinem Kopf als die Tasten seines Instruments. Und die beiden Gitarristen Charles und Matthew Greywolf lassen derart unentwegt die Münder offenstehen (soll wohl irgendwie „wolfig“ wirken), dass wir versucht sind, ihnen Nüsschen hineinzuwerfen.
Und damit wären wir beim großen Problem von Powerwolf: Unterhaltungswert kann man dem von Dorns supereingängigen Gesangslinien getragenen einfach strukturierten Powermetal der Saarbrücker nicht absprechen. Doch wo alles zur Pose erstarrt, bleibt am Ende nicht mehr als bloße Unterhaltung. Die bietet allerdings auch das Nachmittagsprogramm vom Mitteldeutschen Rundfunk. Heavy Metal allerdings war mal mehr als unernste Kurzweil und Zerstreuung. Er sollte den Hörer packen, wo es weh tut – und ihn nicht mit Zuckerwatte ersticken.

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