Donnerstag, 4. Dezember 2014

Schwache Endrunde, starke Siegerin - Electro-Act La Petite Rouge gewinnt Karlsruher New Bands-Festival

Zeigt wie man richtig rockt: Adoneys JB Jables bei einem Auftritt im Soundcheck One.
Der Gewinner des New  Bands Festivals heißt „La Petite Rouge“. Der Ein-Frau-Act aus Karlsruhe ragte mit seinem zauberhaft nerdigen Knöpfchendreher-Elektronik-Folk schulterhoch aus dem ansonsten  konventionell und in diesem Jahr ungewöhnlich durchschnittlich musizierenden Teilnehmerfeld heraus. Den mit dem Sieg beim alljährlichen Newcomer-Festival einhergehende Auftritt der jungen Elektro-Alchemistin auf der Hauptbühne bei „Das Fest“ 2015 sollte man sich schon jetzt als kommendes Highlight in den Eventkalender eintragen.
Denn was diese zierliche Gestalt, mandeläugig unterm roten Pony hervorrehblickend, an Klängen in die Welt entlässt, ließ am Samstagabend, 29.11., im Jubez am Kronenplatz selbst hartgesottene Anhänger von krachender Stahlsplitter-Musik so andächtig zuhören wie sonst nur Kleinkinder der Gutnachtspieluhr lauschen. Düster sind sie, wie das an graue Klippen brandende Meer bei Nacht. Dazu gedämpft verzerrte und vielfältige  Stimmen, als hätten Poseidons Töchter Hausarrestund sängen traurig in der dunklen Tiefe ihrer feuchten Karzer
Elektro-Nixe beim Landgang: New Bands-Festival-Gewinnerin La Petite Rouge.
Dargeboten wird die Musik in bestrickend lebensfremder und weltentrückter Weise: Als Antonia Rug, wie das Kleine Rote bürgerlich heißt, die Gitarre zur Hand nimmt und amüsiert kichernd in die Runde fragt, ob das neulich erst erlernte Wort „Klampfe“ allgemein bekannt sei, hebt sich mehr als eine Augenbraue. „Ach, ich kenne ja so vieles nicht“, seufzt sie. „Klampft“ dann aber richtig gut, was in verschrobene Folk Songs von nahezu Drake´scher Finesse mündet.
Von der Professionalität und Coolness der 17-Jährigen Siegerin hätten sich die meisten der übrigen Bands eine dicke Scheibe abschneiden können: So wirkten etwa die Metalcore-Knaben von In Plastic im Vergleich zu früheren, aggressiveren Auftritten unfokussiert und fahrig. Ebenso die New Metal-Fraktion Mess Up Your DNA, die vor lauter Bemühen um stilistische Vielfalt den roten Faden zu verlieren schien. Schade, denn gute Riff-Ideen und einfallsreiche Breaks hatten die vier Jungs en Masse. Auch Something Redefined hatten mit eingängigem Street Rock, mal mit Punk-, mal mit 70er-Schlagseite, gute Ansätze zu bieten: Einprägsame Refrains und knackige Gitarren ließen den Rock-Party-Bus anrollen. Indes machte der immer wieder ins Stottern geratende Rhythmusmotor die Fahrt holprig. Leider keine Verbesserung zum Festival 2013, bei dem die Karlsbader schonmal an den start gingen.
Spieltechnisch achtbar schlugen sich dagegen die drittplazierten „Vision“. Das Trio aus Sängerin/Pianistin, Basser und Schlagzeugerin überzeugte origineller Instrumentierung, kreativer Rhythmik und Mut zum Pop – dem allerdings noch ein wenig der letzte Ohrwurmstich fehlt. Deutsche Texte könnten helfen. Die Zweitplatzierten In Haze lieferten traditionellen Rock im Stil von Traditionsrockbands wie Black Label Society oder Airborne in traditioneller Besetzung, aus der insbesondere der sich wie ein junger Angus Young gebärdende Gitarrist Julian Seiberlich herausragte.
Wie man wahrhaft richtig rockt, zeigten zum Abschluss die Vorjahressieger Adoney, die außer Konkurrenz die Beratungszeit der Jury überbrücken halfen: JB Jables (Gitarre), Chris Schottmüller (Bass), Alex Kohl (Drums) und Lars Barkawitz (Vocals) sind einfach klasse Musiker. Im Gegensatz zu den teils wesentlich älteren Kollegen im Wettbewerb ist ihr angegrungeter Alt-Rock längst bundesligatauglich, mit deutlicher Tendenz zu den Europaleague-Plätzen.
Insgesamt ein recht Schwaches Finale – mit einer sehr, sehr starken Siegerin. Junge Bands sollten sich ermutigt fühlen, bei der nächsten Auflage im kommenden Jahr dabei zu sein. Bewerbt euch hier.