Donnerstag, 27. August 2015

Noch immer mehr lebendig als tot - Motörhead veröffentlichen "Bad Magic"

Keine Frage, wenn ein neues Motörhead-Album erscheint, so wie am Freitag, 27. August, ist das immer ein Grund zur Freude – und sei es nur, weil es dem alten Kater Lemmy Kilmister gelungen ist, dem Sensenmann gegen alle Wahrscheinlichkeit wieder  ein paar Jährchen mehr abzuluchsen.  Doch ist – die Rolling Stones machen es seit mindestens 20 Jahren vor – Unverwüstlichkeit nun mal kein musikalisches Qualitätsmerkmal. Es ist zwar nicht so,  dass Motörhead jemals eine wirklich lausige Platte abgeliefert hätten – und das will in einer nunmehr  40-Jahre andauernden Karriere schon was heißen.
Aber dass die letzte  Motörhead-Scheibe mit uneingeschränktem Klassiker-Status, „Bastards“, zurück ins Jahr 1993 datiert, und „Overnight Sensation“, die letzte Scheibe, von der songmäßig bei mir dauerhaft was hängenblieb, auch schon fast 20 Jahre auf dem Buckel hat, muss ehrlicherweise auch mal gesagt werden.  Zu oft prägten seither ziemlich farblose, auf austauschbare Metal-Riffs aufbauende Tracks (die von Mikkey Dee dann regelmäßig auch noch in Grund und Boden getrommelt wurden) die Kilmister/Campbell/Dee-Ära. Nun soll sich, nachdem in der jüngeren Vergangenheit dem Vernehmen nach die beiden Letztgenannten einen Großteil der Kompositionsarbeit verrichteten, der Chef wieder selbst verstärkt ins Songwriting eingebracht haben. Wie berichtet wird, hat die Band die meisten der aktuellen Songs gemeinsam im Studio geschrieben.
 Auf Platte wieder unter Strom: Motörhead. Foto:Robert John
Gut so, denn so nähert sich die Rock´n´Roll-Dichte auf „Bad Magic“ wieder erfreulich früheren Motörhead-Standards an. Schon der Opener „Victory Or Die“ hinterlässt breite Bremsspuren. Auch das darauffolgende „Thunder &Lightening“ ist Old-School-Motörhead in Reinkultur (Schon die Textzeilen “Get what you want, do what you can/ You’ll get more pussy if you’re in a band”, rechtfertigen den Kaufpreis vollends). Mit dem rasiermesserscharfen „Elictricity“ gibt es sogar endlich mal wieder einen waschechten Punk-Rock-Knaller! „Teach Them How To Bleed“ rockt fast so schön anarchisch rüde wie in glorreichen Orgasmatron-Tagen. Zusätzliches Leben in die Bude bringt Phil Campbell mit zahlreichen pfiffigen Solo-Kapriolen und abgedrehten Riff-Einlagen. Dann gibt es da noch das  Stones-Cover „Sympathy For The Devil”, aus dem MH viel mehr hätten machen können. Denn Textzeilen wie „Please allow me to introduce myself/I'm a man of wealth and taste/I've been around for a long, long year/Stole many a man's soul to waste” bekommen aus Lemmys Mund kommend nochmal eine ganz eigene ironische Note. Trotz dieser Steilvorlage beweisen MH beim Arrangement nur wenig Fantasie und bleiben ziemlich nah am Original; Chance vertan.
Bei den Texten bleibt Lemmy  seinem ewigen Verlierer-Ethos treu. Wobei es hier eine neue Dimension gibt, da sich der alte Haudegen nach den gesundheitlichen Rückschlägen der vergangenen Jahre offensichtlich verstärkt mit dem Altern auseinandersetzt. „All I know is who I am/I’ll never let you down/The last one you can trust until the end”, singt er in der gelungenen Ballade „Till The End“. Und genau deswegen verzeiht man Motörhead auch nicht ganz so starke Scheiben.  


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